Die Bundestagswahl 2017 steht vor der Tür. Neben klassischen Wahlplakaten, Flyern oder Fernsehdebatten gewinnen das Internet und die Sozialen Medien zunehmend an Bedeutung für den Wahlkampf der Parteien. Professor Thorsten Faas, Leiter des Mainzer Zentrums für empirische Demokratieforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, beantwortet im Interview mit der Silver-Tipps-Redaktion Fragen zur Bedeutung des digitalen Wahlkampfs.
Silver Tipps: Wie bedeutsam ist das Internet für die Bundestagswahl 2017?
Thorsten Faas: Aus Sicht der Parteien gewinnt es deutlich an Bedeutung – sie investieren mehr Geld in Online- und insbesondere Social-Media-Werbung. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger ist das weniger klar; klassische Medien spielen hier immer noch eine sehr wichtige Rolle.
Silver Tipps: Welche Rolle spielen Online-Plattformen wie Facebook und Twitter im Wahlkampf der Parteien?
Thorsten Faas: Sie spielen eine große Rolle, einerseits als Begleitung anderer Wahlkampfbemühungen, etwa großer Auftritte, aber auch als eigenständige Kommunikationskanäle. Man kann die Bedeutung auch daran erkennen, dass die Direktkandidatinnen und -kandidaten in den Wahlkreisen stark auf Soziale Netzwerke setzen.
Silver Tipps: Verfolgt man Fernsehnachrichten oder Zeitungsartikel, könnte man denken, dass politische Diskussionen und Bürgerdialog überwiegend im Internet stattfinden. Studien wie die ARD/ZDF-Onlinestudie zeigen jedoch, dass mit über neun Millionen Menschen über 60 Jahren, die kein Internet nutzen, ein großer Teil der Bevölkerung nicht oder kaum an politischen Meinungsbildungsprozessen im Internet teilnehmen. Auch Onlinerinnen und Onliner in diesem Altersbereich (11,9 Millionen Menschen ab 60 Jahre) nutzen beispielsweise eher selten Online-Communities (20 Prozent der 50- bis 69-Jährigen und 7 Prozent der Über-70-Jährigen). Inwiefern kann man daher von einem gesamtgesellschaftlichen Dialog im Internet sprechen?
Thorsten Faas: „Dialog“ und „Internet“ stehen aus verschiedenen Gründen in einem Spannungsverhältnis: Die Offlinerinnen und Offliner können natürlich nicht an Online-Diskursen teilnehmen. Aber auch bei den Onlinerinnen und Onlinern können wir feststellen, dass politische Informationen in vielen Timelines keine Rolle spielen. Und dann kommt noch das Thema „Filterbubbles“… man sieht also: Ein Allheilmittel ist das Internet im Wahlkampf sicher nicht.
Mehr Informationen rund um das Thema Bundestagswahl und Wahlforschung gibt es auf dem YouTube-Channel „Was mit Wahlen“ des Mainzer Zentrums für Demokratieforschung. Bis zur Bundestagswahl erscheinen dort regelmäßig kurze und leicht verständliche Videos, in denen Thorsten Faas aktuellen Fragen nachgeht, wie zum Beispiel welche Rolle Soziale Netzwerke beim Wahlkampf spielen, worauf man bei der Informationsbeschaffung im Zeitalter von Fake News und Filterbubbles achten muss oder wie zuverlässig und vertrauenswürdig Umfragen sind.
Einen Eindruck vermittelt das folgende Video. Hier geht es um die Frage, was Wahlkampf eigentlich bringt oder ob das Ergebnis bereits im Vorfeld feststeht.
Video-Link: https://youtu.be/87FrPY8tWdY