Auf den ersten Blick erscheint die Sache relativ klar: Wer erbt, wird auch Gesamtrechtsnachfolger und somit Eigentümer von Sachwerten, beispielsweise von Haus, Geld und anderen Gegenständen wie Büchern, CDs oder Briefen. Beim digitalen Erbe jedoch treten zahlreiche juristische Fragestellungen und Probleme auf, für die es bislang an klaren gesetzlichen Regelungen fehlt.
Was können nun die Hinterbliebenen oder Erben tun, wenn der Erblasser*innen zu Lebzeiten keine Vorsorge getroffen haben?
Überblick verschaffen
In einem ersten Schritt muss man versuchen, sich einen Überblick über die Online-Aktivitäten des Verstorbenen zu verschaffen. Hilfreich ist es, wenn der oder die Erblasser*in zuvor eine Übersicht über seinen digitalen Nachlass erstellt hat oder einen Nachlassverwalter benennt. Ansonsten sollte man PC, Laptop sowie Smartphone oder Tablet überprüfen. Insbesondere E-Mails oder, falls vorhanden, der Browserverlauf können dann Hinweise auf die Online-Aktivitäten geben. Oftmals sind Passwörter auch gesichert, sodass hier ggf. recht unproblematisch auf Daten zugegriffen werden kann.
Nützliche Fragen hierfür sind: Hat der Verstorbene E-Mails erhalten, die die Bestätigung eines Nutzerkontos verlangen? Gibt es Online-Rechnungen oder ausstehende Bestellungen in Online-Shops?
Doch man sollte auch schauen, ob es auch „offline“ Dokumente gibt, die Hinweise auf Rechtsverhältnisse oder Bestellungen liefern können, z. B. anhand von abgelegten Rechnungen oder einer Liste mit einer Übersicht über Nutzeraccounts und Passwörter.
Sind die E-Mails nicht auf dem Rechner gespeichert, ist es hilfreich, Zugang zum E-Mail-Account des oder der Verstorbenen zu erhalten. So lassen sich ggf. weitere Online-Konten entdecken. In einigen Fällen kann es nötig sein, Kontakt zum E-Mail-Provider des Erblassers oder der Erblasserin aufzunehmen und zu klären, wie man Zugang zum E-Mail-Postfach bekommt. Mittlerweile bieten viele Anbieter*innen an, den digitalen Nachlass bereits vor dem Ableben zu regeln und haben hierfür extra Informationsseiten eingerichtet (z. B. der Inaktivitäts-Manager von Google).
Anbieter kontaktieren
In einem nächsten Schritt sollte man die weiteren Anbieter kontaktieren und – je nachdem – die Löschung des Accounts oder aber auch die Übertragung verlangen. Was letztendlich möglich ist, hängt sehr vom Anbieter ab.
Vorab ist auch ein Blick in die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Anbieter hilfreich, um herauszufinden, welche Nachweise man einreichen muss, um Zugang zu bekommen oder das Online-Konto löschen zu lassen. Auch hier bieten viele Anbieter*innen mittlerweile Informationen zum weiteren Vorgehen auf ihren Internetseiten an. Man sollte sich an den Kundenservice direkt wenden.
Welche Unterlagen muss man vorlegen?
Will man ein digitales Erbe antreten, verlangen die Anbieter in aller Regel einen Nachweis über den Tod des Nutzers oder der Nutzerin. Dieser Nachweis kann über eine Sterbeurkunde erbracht werden. Die Vorlage dieser reicht in vielen Fällen schon, wenn man den Account nur löschen lassen möchte, ohne selbst Zugriff darauf zu erhalten.
Die Sterbeurkunde bescheinigt den Tod eines Menschen sowie Ort und Zeitpunkt des Todes. In Deutschland stellen die Standesämter die Sterbeurkunde aus, eine Urschrift geht an das Personenstandsregister.
Etliche Anbieter*innen verlangen aber darüber hinaus einen Nachweis, dass man tatsächlich der Erbe oder die Erbin des der Verstorbenen ist. Dieser Nachweis kann z. B. durch die Vorlage eines Testaments oder auch durch einen Erbschein erbracht werden.
Der Erbschein ist in Deutschland ein amtliches Zeugnis in Form einer öffentlichen Urkunde nach § 417 Zivilprozessordnung (ZPO). Er stellt für den Rechtsverkehr fest, wer Erbe oder Erbin ist und welchen Verfügungsbeschränkungen diese Person unterliegt.
Was ist zu beachten?
Für die Erstellung eines Erbscheins werden Gebühren fällig. Berechnungsgrundlage für die Gebühren ist der Wert des gesamten Nachlasses. Der Nachlasswert wird durch das Nachlassgericht festgestellt. Außerdem ist mit der Beantragung des Erbscheins die Erklärung verbunden, dass man das Erbe annimmt. Die Beantragung eines Erbscheins sollte also gut überlegt sein.
Fazit:
Haben Erblasser sich zu Lebzeiten nicht um ihren digitalen Nachlass gekümmert, wird es für die Hinterbliebenen womöglich kompliziert, und es kann sein, dass man noch sehr lange digital weiterlebt.
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz gibt weitere Ratschläge auf ihrer Website.