Zocken gegen Demenz?

Videospielen für jedes Alter

Digitale Spiele sind längst nicht mehr nur ein Medium für Kinder und Jugendliche. Inzwischen liegt das Durchschnittsalter der Spieler*innen in Deutschland bei 38 Jahren, und die sogenannten „Silver Gamer“ machen rund ein Viertel der gesamten Nutzer*innengruppe aus. Warum Games nicht nur Spaß machen, sondern auch Wissen vermitteln und Gesundheit fördern können, erfahren Sie im folgenden Artikel.

 

Generationswechsel in der Gaming-Szene
„Innerhalb von zwölf Monaten ist die Anzahl der Spielenden über 60 Jahren um die Einwohnerzahl von Münster gestiegen“, so lautet das Fazit des Geschäftsführers des game – Verband der deutschen Games-Branche im Juni 2024. Unter anderem ist dieser kontinuierliche Anstieg darauf zurückzuführen, dass viele Spieler*innen aus den 1980er und 1990er Jahren noch heute zocken (digitale Spiele spielen). Dazu kommt der erleichterte Zugang zu Games. Während Konsolen und leistungsstarke Computer teuer sind und für ältere Zielgruppen oft zu kompliziert wirken, lassen sich Spiele auf Smartphones und Tablets leicht installieren.
Besonders beliebt bei älteren Spieler*innen sind Denk- und Quizspiele oder digitale Versionen von analogen Brettspiel-Klassikern. Dass Silver Gamer sich aber auch vor kommerziellen Titeln nicht scheuen müssen, zeigt der YouTube-Kanal ‚Senioren Zocken‘. Das Spielerkollektiv versucht sich regelmäßig an digitalen Spielen aus verschiedenen Genres.

Training für Körper und Geist
Gaming kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Eine kanadische Studie konnte beispielsweise nachweisen, dass digitales Spielen die graue Substanz im Hippocampus von älteren Erwachsenen stärkt. Zocken hält aber nicht nur geistig fit, sondern auch physisch: Die gestengesteuerte Spielekonsole ‚memoreCare‘, die über einfache Gesten und Bewegungen gesteuert wird und speziell für den medizinischen Einsatz entwickelt wurde, gilt inzwischen als Medizinprodukt. Mittlerweile wurde das Programm sogar in die Regelversorgung überführt und kann von interessierten Pflegeeinrichtungen beantragt werden.
Immer wieder gibt es Bemühungen, therapeutische und zielgruppengerechte Games für ältere Neueinsteiger*innen zu entwickeln. Ein amerikanischer Neurowissenschaftler hatte die Idee für ein Rennspiel, in dem bestimmte Symbole weggeklickt werden müssen, ohne dabei die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Längerfristig ließ sich bei den Proband*innen im EEG eine gesteigerte Aufmerksamkeit erkennen. Ein vergleichbares deutsches Beispiel lieferte eine Arbeitsgruppe der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW).

Digitale Spiele in der Praxis
Games dienen der Unterhaltung, dem sozialen Austausch und der Förderung kognitiver Kompetenzen. Im Alter kann regelmäßiges Zocken damit nicht nur Langeweile, sondern auch Isolation und Unterforderung entgegenwirken. Große kommerzielle Titel können recht kostspielig sein, aber kleinere Spiele, insbesondere Serious Games (spielerische Vermittlung von Lerninhalten), sind oft sogar kostenlos verfügbar.
Das Zentrum für didaktische Computerspielforschung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg (ZfdC) bietet eine umfangreiche Datenbank mit Spielen zur Wissensvermittlung. Das Gleiche gilt für die Plattform Games im Unterricht. Hier finden Sie zum Beispiel Spiele wie ‚Harmony Square‘ zu Online-Manipulationsstrategien, ‚Begrabe mich, mein Schatz‘ ) über Fluchterfahrungen, oder ‚Friedrich Ebert‘ zum Aufbau der demokratischen Grundordnung.
Die Vielfalt an Genres, Interaktionsmöglichkeiten und Schwierigkeitsgraden stellt sicher, dass es für alle Interessenten das richtige Game gibt. Spielen fördert und fordert, und das gilt für jedes Alter!

Links und Quellen
Game Verband: Durchschnittsalter Spielender: https://www.game.de/durchschnittsalter-der-spielenden-in-deutschland-steigt-erstmals-auf-ueber-38-jahre/
Game Verband: Videospielen im Alter: https://www.game.de/publikationen/videospiele-im-alter-warum-immer-mehr-senioren-spielen/
Telefonica Studie: https://www.telefonica.de/news/corporate/2017/07/studie-zum-projekt-digital-mobil-im-alter-das-internet-verhilft-senioren-zu-mehr-teilhabe-am-oeffentlichen-leben.html
YouTube – Senioren zocken: https://www.youtube.com/@seniorenzocken.official
Studie zur Stärkung des Hippocampus: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5718432/
Memore: https://memore.de/
Memore in der Prävention: https://www.barmer.de/presse/presseinformationen/pressearchiv/praeventionsprojekt-memorebox-1059482
Ärtzeblatt zu Spiele gegen kognitiven Abbau: https://www.aerzteblatt.de/blog/55776/NeuroRacer-Computerspiel-gegen-den-kognitiven-Abbau-im-Alter
Schiff Ahoi, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin: https://gamedesign.htw-berlin.de/dehive/research/schiff-ahoi/
Spieldatenbank Pädagogischen Hochschule Freiburg: https://zfdc.ph-freiburg.de/spieledatenbank/
Games im Unterricht: https://games-im-unterricht.de/games-und-konzepte/alle-games
Spiel – Harmony Square: https://harmonysquare.game/de
Spiel – Begrabe mich, mein Schatz: https://begrabemichmeinschatz.arte.tv/
Spiel – Friedrich Ebert: https://ebert-gedenkstaette.de/das-spiel/

Dieser Artikel gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Datum: 2. September 2024