Digital-Botschafterinnen und -Botschafter suchen die Menschen dort auf, wo sie sind: auch in Einrichtungen, in denen Seniorinnen und Senioren leben. Als Digital-Botschafterin reist Anja Thimel durch Rheinland-Pfalz und stellt das Projekt Bewohnerbeiräten vor. Die alte Heimat mit Google Maps bereisen, nach Musik in Mediatheken suchen und E-Mails verfassen: Anhand solcher Beispiele macht sie die Chancen des Internets erlebbar. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen und den Menschen, denen sie begegnet.
Ganz nah dabei
„Vor zwei Monaten ist mein erstes Urenkelkind geboren worden. Ich bin ganz nah dabei und bekomme genau mit, wie Amelie sich entwickelt! Meine Enkeltochter schickt fast jeden Tag über WhatsApp ein neues Foto in die Familiengruppe“, so Frau Schneider aus der Senioreneinrichtung in Kaiserslautern. Frau Schneider hat Glück: Ihre Enkeltochter Marie hat ihr dabei geholfen, das Smartphone einzurichten. Sie hat ihr gezeigt, wie man Texte über eine Tastatur auf dem Smartphone eintippt und Sprachnachrichten versendet. Da Frau Schneider nicht mehr so gut sehen kann, hat Marie geholfen, das Gerät so einzustellen, dass die Buchstaben in doppelter Größe erscheinen. Auch Fotos und Videos kann man mit dem kleinen Zaubergerät aufnehmen und in Windeseile mit der Familie oder mit Freunden teilen. Durch das Smartphone ist Frau Schneider immer mitten im Familiengeschehen und weiß stets, was bei Freundinnen und Freunden passiert; das macht die Zeit zwischen den Besuchen viel kürzer. Das Smartphone hilft ihr auch dabei, Termine abzustimmen, an die Einnahme ihrer Medikamente zu denken und viele andere kleine Dinge des Alltags unkompliziert zu regeln. Telefonieren kann man mit dem Hosentaschencomputer übrigens auch.
Mit Tim, ihrem jüngsten Enkel, der gerade auf der anderen Seite der Erdkugel studiert, unterhält sich Frau Schneider über Skype. Das Programm macht es möglich, dass man sich beim Telefonieren sehen kann. Frau Schneider hält dabei ihr Tablet in den Händen. Die Kamera des Tablets nimmt sie auf, Tim kann sie auf seinem Bildschirm sehen und sie sieht ihn – wie er leibt und lebt, fast so, als wäre er im selben Zimmer. Hat man früher noch lange auf Briefe warten oder teure Auslandstelefonate führen müssen, so kann man heute jederzeit und ohne große Kosten miteinander kommunizieren. Frau Schneider weiß, dass man bei kostenlosen Angeboten oft mit seinen Daten bezahlt. Deshalb ist sie entsprechend vorsichtig und gibt nur die absolut notwendigen Informationen preis.
Digitalisierung ist kein Schreckgespenst
Mit ihrer Schulfreundin Hannelore, die schon früh in eine andere Stadt gezogen ist, verbindet Frau Schneider eine lebenslange Brieffreundschaft. Da sie sich nur selten besuchen können, telefonieren die beiden häufig und schreiben sich regelmäßig – mit Füller und Tinte auf schönem Papier. Es ist immer eine Freude, einen Brief der Freundin im Briefkasten zu finden. Kontakt zu Krankenkasse oder Behörden pflegt sie dagegen über E-Mails – das geht schnell und ist effizient. Papier, Briefmarke und der Gang zum Briefkasten erübrigen sich.
Frau Schneiders größte Leidenschaft ist das Lesen. Früher ist sie jede Woche zur Stadtbibliothek gegangen, um sich mit neuem Lesestoff zu versorgen. Weil für sie das Laufen recht beschwerlich geworden ist, geht sie nicht mehr so häufig in die Stadt. Stattdessen lädt sie heute Bücher über die Onleihe – die elektronische Ausleihe – ihrer Bibliothek auf ihr Tablet. Es ist zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig, keine Seiten umzublättern, aber doch sehr praktisch, vom Sessel aus die Bücher zu bestellen und sie auf dem Bildschirm zu lesen. Wie sie sich registrieren und ein Benutzerkonto einrichten kann, hat Frau Schneider mithilfe einer Broschüre und mit Unterstützung einer findigen Mitbewohnerin selbst herausgefunden.
Für Frau Schneider ist die Digitalisierung kein Schreckgespenst, sondern sorgt auf vielfältige Art und Weise für mehr Lebensqualität. Das Beispiel Onleihe verdeutlicht gut, wie Digitalisierung das Leben von Seniorinnen und Senioren in Einrichtungen bereichern kann.
Namen und Orte wurden von der Redaktion geändert.
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