Komfort dank intelligenter Technik

Das ferngesteuerte Haus

Nicht nur körpernahe technische Hilfen wie Brillen und Hörgeräte, sondern auch technische Hilfen im Haushalt können die Lebensqualität und Sicherheit von Senioren massiv unterstützen. In modernen Haushalten kann fast alles elektronisch oder elektromechanisch gesteuert oder geregelt werden. Rollläden, Fenster und Türen werden per Fernsteuerung oder situationsbedingt (Sonne, Sturm …) geöffnet, geschlossen und verschlossen. Heizungen, Beleuchtungen und Medien werden per Fernsteuerung oder situationsbedingt aus- und eingeschaltet oder geregelt. Diese Technik macht auch nicht halt vor Kühlschränken, Herden und Kaffeemaschinen, die untereinander und mit dem Stromanbieter vernetzt werden. Das Stichwort für diese Technologie heißt „Smart Home“. Es ist in erster Linie eine Technologie für Menschen mit einer Affinität zur Technik. Nichts scheint unmöglich. Es ist alles nur eine Frage der Kosten.

Was kann AAL leisten?

Ambiente Assistenz Living (AAL) benutzt dieselben Technologien wie Smart Home. Im Mittelpunkt steht aber nicht die Technik mit der Frage, was ist möglich, sondern der Hilfe suchende Mensch und die Frage, was ist jetzt nötig. Eine Seniorin oder ein Senior sollte, damit er geistig und körperlich beweglich bleibt, solange wie möglich alles selbst tun. Dazu gehören z. B. auch das Öffnen und Schließen von Rollläden und Fenstern. Wenn es aber körperlich nicht mehr geht muss technische Hilfe her.

Wenn ein schwer gehbehinderter Mensch im Fernsehsessel sitzt und es an der Haustür klingelt, sollte er die Möglichkeit haben, vom Sessel aus mit der Besucherin oder dem Besucher per Videokamera Blick- und Sprechkontakt aufzunehmen und ihr oder ihm eventuell auch die Tür öffnen können.
Ein besonderes Thema ist der Notruf. Was nützt ein Armband oder Amulett mit Notrufknopf, wenn es gerade am Waschbecken liegt und von der hilfesuchenden Person nicht erreichbar ist? Hier helfen in der Wohnung installierte Warnsysteme, die auf Basis von Bewegungssensoren eine Notsituation erkennen und selbsttätig den Notruf absetzen. Ein Tablet-PC oder ein großes Smartphone kann als Fernbedienung für all diese technischen Hilfen eingesetzt werden. Vor dem Einsatz dieser technischen Hilfen ist zu klären, wie geistig fit ist die zu unterstützende Person noch. Kann sie diese Geräte noch eigenständig bedienen und wie lange kann sie das vorrausichtlich noch. Zur Erfassung des Bedarfes und der Auswahl der richtigen Hilfsmittel kann man sich Checklisten erstellen, die nach den Themen Kommunikation, Haushaltshilfe, Sicherheit und Gesundheit/Medizin strukturiert sind.

Kommunikationsmöglichkeiten

In der Kommunikation zum sozialen Umfeld geht es um Telefon, Video-Telefonie, SMS und E-Mail. Wie soll die Kommunikation stattfinden? Reicht ein Telefon mit besonders großen Tasten oder muss Video-Telefonie eingerichtet werden, weil die Kinder und Enkel am anderen Ende der Welt wohnen? Ein wichtiger Punkt im Thema Kommunikation kann auch die Teilhabe an einem seniorenbezogenen sozialen Netzwerk wie „Seniorentreff.de“, „Vile.de“ oder andere Netzwerke sein.

Hilfen im Haushalt und Sicherheit

Für die Hilfe im Haushalt ist zu klären, wie viel technische Unterstützung die Person benötigt und wie viel Komfort kann oder will sie sich leisten? Wird ein Treppenlift/eine Hebebühne benötigt oder reicht eine kleine Rollstuhlrampe? Benötigt man ein komplettes Türmodul mit Videokommunikation und Schließanlage oder reicht eine einfache Wechselsprechanlage? Benötigt man elektromechanisch betätigte Rollläden und Fenster mit zentraler Fernbedienung oder reicht die Handbetätigung aus?

Beim Thema Sicherheit stellt sich als erstes die Frage, wie vergesslich ist die Person? Werden Systeme benötigt, die vergessene Herde und Heizstrahler bei drohender Überhitzung oder nach einer bestimmten Zeit ausschalten und eine Warnung an einen Betreuer absetzen? Benötigt man ein Warnsystem, das Alarm schlägt und eine Warnmeldung absetzt, wenn durch nicht verschlossene Wasserhähne und mit Handtüchern verstopfte Abflüsse eine Überschwemmung droht? Besteht die Gefahr, dass die Person durch einen Sturz oder eine gesundheitliche Attacke hilflos in der Wohnung liegt? Reicht hier der handbetätigte Notrufknopf oder wäre ein automatisches Notrufsystem sinnvoller?

Medizinische Unterstützung

Beim Punkt Gesundheit und Medizin stehen die Themen Erinnern, Messen, Dokumentieren und Mobilisierung im Fokus: Erinnerungen an Arzttermine und Medikamenteneinnahme könnten notwendig sein, ebenso das Messen und Dokumentieren von Blutdruck, Puls und Blutzucker – all dies müsste eventuell regelmäßig an einen Arzt übertragen werden. Weitere Punkte sind das Führen eines Pflegeprotokolls oder die Mobilisierung von Körper und Gedächtnis durch Trainingsanleitung und Animation. Für Gesundheit und Medizin gibt es eine sehr umfassende Sammlung von Apps für Tablet-PC und Smartphones.

Notwendige Beratung

Der Bedarf an Art und Umfang der Hilfsmittel ist sehr individuell und ändert sich im Laufe der Zeit unter Umständen gewaltig. Wichtig ist, dass man sich vor der Anschaffung solcher Hilfsmittel kompetenten Rat in den Wohnberatungsstellen der Kommunen holt und Handwerkerangebote genau durchleuchtet. Dabei dürfen nicht nur die Beschaffungskosten betrachtet werden. Genauso wichtig sind die Folgekosten für Wartung, Pflege und Reaktionszeiten für Nachjustierung von Einstellungen. Die Wohnberatungen können auch Auskunft geben, wo und wie viel finanzielle Beihilfen zu erhalten sind.

Die meisten technischen Hilfsmittel, vor allem im Komfortbereich sind heute bezahlbar geworden und zum Teil bereits in Baumärkten verfügbar. Allerdings kocht jeder Hersteller noch sein eigenes Süppchen. Wegen fehlender Normung sind viele Teile untereinander nicht vernetzbar. Die zur Nachrüstung angebotenen Systeme kommen in der Regel ohne größere Umbauarbeiten aus und können später rückstandsfrei zurück gebaut werden.

In der Kostenargumentation kann man sich am besten mit einem Vergleich helfen. Die komplette Ausstattung und Vernetzung einer Zweizimmerwohnung liegt heute bei ca. 10.000 €. Der Eigenanteil bei einer Unterbringung im Pflegeheim liegt in der Pflegestufe 1 bei ca. 2.000 €/Monat. Wenn es also gelingt, mit Hilfe der Technik den Umzug ins Pflegeheim um mehr als fünf Monate zu verzögern, hat sich die Technik schon bezahlt gemacht. Später kann man die Technik auch wieder verkaufen.

Dieser Artikel gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Datum: 1. November 2015