Schnell nach einem Geschenk für Weihnachten suchen, den Weg ins nächste Kaufhaus vom Smartphone anzeigen lassen oder für den nächsten Sommer ein Reiseangebot auf einem Vergleichsportal suchen – sobald man sich im Internet bewegt, werden Daten produziert. Diese werden von Unternehmen gesammelt und gespeichert. Aus wenigen Daten einzelner entsteht eine Masse an Datensätzen. Gerne wird dann von „Big Data“ gesprochen. Aber was verbirgt sich hinter dem Begriff? Fragen zum Thema beantwortet Stephan Stengel von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK).
Der Mensch hinterlässt immer mehr Datenspuren. Expertinnen und Experten schätzen, dass vom Beginn unserer Zeitrechnung bis in das Jahr 2003 ca. 5 Milliarden Gigabyte an Daten entstanden sind. Im Jahr 2013 ist der gleiche „Datenberg“ bereits alle 10 Minuten angefallen, wie der Film „Big Data“ der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen anschaulich zeigt. Wenn Unternehmen oder Behörden den Versuch unternehmen, in diesen großen Datenmengen „Muster“ zu entdecken, z.B. um Kaufgewohnheiten zu analysieren oder die Internetkommunikation zu überwachen, dann ist in der Regel „Big Data“ im Spiel.
Was ist Big Data?
Stephan Stengel: Der Begriff „Big Data“ ist seit einigen Jahren in aller Munde. Er bezieht sich auf eine völlig neue Dimension der Verarbeitung von Daten. Im Zeitalter von „Small Data“ haben Menschen verschiedene Fragestellungen formuliert und zu ihrer Klärung zum Beispiel Daten in Form einer Umfrage o.ä. gesammelt. „Big Data“ kehrt diese Logik um: Auf der Basis sehr großer Datenmengen, die heute im Bereich von Exabytes oder Zettabytes (eine Zahl mit 21 Nullen!) liegen, wird mittels mathematischer Verfahren nach Zusammenhängen in Datensätzen gesucht. Egal, ob der Zusammenhang zwischen dem aktuellen Wetter und dem Reiseziel oder zwischen der Wohngegend und den Kaufgewohnheiten, überall können sich für verschiedene Zielgruppen interessante Zusammenhänge verbergen – für Werbeindustrie, Geheimdienste und Polizeibehörden oder Wissenschaft und Forschung. Die Frage nach dem „warum“ verliert an Bedeutung, was zählt ist der statistische Zusammenhang zwischen verschiedenen Phänomenen.
Wie haben Vergleichsportale mit Big Data zu tun?
Stephan Stengel: In Vergleichsportalen haben Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, Preise bzw. Bewertungen für Produkte online gegenüberzustellen und sich so ein (vermeintlich) umfassendes Bild des Angebots im Internet zu machen. Auf den ersten Blick ist diese Dienstleistung meistens kostenlos und verspricht den Nutzerinnen und Nutzern eine neutrale und unabhängige Information. Auf den zweiten Blick wollen auch die Anbieter von Vergleichsportalen Gewinn erwirtschaften, und sie tun dies beispielsweise über Provisionen oder auch gezielte Produktempfehlungen. Um den Besucherinnen und Besuchern passgenaue Empfehlungen geben zu können, werden oftmals in großem Umfang persönliche Informationen abgefragt und gespeichert – bezahlt wird daher oft nicht mit Geld, aber mit persönlichen Daten. Auf keinen Fall sollte man sich wundern, wenn die online verglichenen Produkte in den nächsten Tagen regelmäßig in Werbeanzeigen oder auf den Startseiten von Online-Shops als Produktempfehlungen auftauchen.
Was heißt das für die Nutzerin oder den Nutzer?
Stephan Stengel: Die hinter „Big Data“ stehenden technologischen Möglichkeiten sind nicht von Natur aus „gut“ oder „schlecht“, sie verhalten sich aber auch nicht gesellschaftlich neutral, sondern verändern bereits heute das technologisch Mögliche auf einschneidende Art und Weise. Die Ergebnisse von „Big Data – Analysen“ können ebenso für die Ermittlung des günstigsten Preises eines Produkts wie für personenbezogene Werbung verwendet werden. Einzige Voraussetzung hierfür: große Datenbestände, die sich mittels mathematischer Verfahren analysieren lassen. Gerade hier liegt aber die aus Perspektive des Datenschutzes grundlegende Problematik: Während Datenschützer immer wieder fordern, dass Daten nur zweckgebunden und nur mit Kenntnis und Einverständnis der Betroffenen gespeichert und ausgewertet werden dürfen, setzt „Big Data“ die permanente Speicherung großer Datenmengen voraus, und dies oft, ohne dass der konkrete Zweck für den diese Daten genutzt werden, bereits bekannt ist.
Ganz egal aber, ob „gut“ oder „böse“. Die technologischen Möglichkeiten von „Big Data“ werden unser aller Leben entscheidend verändern!