Eine neue Abzock-Masche beim Onlineversender Amazon: Betrüger kapern im Marketplace seriöse und gut beleumundete Händlershops. Dort schleusen sie Hunderte namhafte Technikartikel zu Sensationspreisen ein und locken Kunden in eine Überweisungsfalle. Daher mahnt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beim Einkauf auf Amazon zu Vorsicht.
An einen „bösen Scherz“ dachten die Mitarbeiter des Autohauses, als sie morgens ihren Shop auf Amazon inspizierten. Wo Auto-Fans sonst zwischen Gummimatten und anderem kleinpreisigen Zubehör stöbern konnten, lockte nun weiße Ware zu Sensationspreisen: etwa eine neue Miele-Waschmaschine zu 500 statt 1.000 Euro.
Seltsam zudem: Prominent sichtbar in der Beschreibung des „Zustands“ forderte der Verkäufer dringlich zur Kontaktaufnahme „vor dem Kauf“ auf: unter „JANINA.MEIER999 GMAIL COM“.
Mehr als einen Tag dauerte der böse Spuk, der bei vielen Kunden Irritationen auslöste. Erst nachdem der Shop komplett abgeschaltet und neu gestartet worden war, verschwanden die dubiosen Fremdofferten.
Eingehandelt hat sich das Autohaus die hartnäckige Schnäppchen-Janina samt Rufschädigung vermutlich bei dem Versuch, seine Verkaufsaktivitäten international auszuweiten. Helfen sollte dabei ein angebliches Amazon-Seminar, berichten Mitarbeiter. Ein Fake-Angebot, durch das offensichtlich der Zugang zu seriösen Händlershops auf Amazon erschlichen werden sollte.
Und das klappt offensichtlich vorzüglich, denn mittlerweile hat Janina auch einen mit vier Sternen bewerteten Musikalien-Shop erfolgreich gekapert. Gleich mehrere hundert Markengeräte hievte sie in die Auslage.
Wohl wegen der vielen Nachfragen trafen die Mitarbeiter nicht mehr den richtigen Ton: „Wir verkaufen Musikanlagen und sonst nichts“, bekamen Interessenten barsch zu lesen.
Amazon und sein System haben es mit der cleveren 2.0-Verfeinerung einer Abzocke zu tun, die der Kundschaft schon länger zusetzt. Bereits vor zwei Jahren hatte die Verbraucherzentrale NRW gewarnt, dass immer wieder „Neue Verkäufer“ tausende Billigangebote namhafter Technikprodukte in den Marketplace einschleusen.
Ziel der Attacken ist es, Käufer von dem mit einer A-Z-Garantie abgesicherten Marktplatz wegzulocken. Deshalb platzieren sie in die Offerten – genau wie Janina – ihre E-Mail-Adresse und bitten um Kontakt. Massenweise Beispiele für diese Masche fanden sich auch in den vergangenen Tagen wieder auf Amazon.
Die Verbraucherzentrale hat Janina & Co. verdeckt angeschrieben. Die angeblichen Verkäufer forderten in gebrochenem Deutsch zunächst Name und Anschrift des Interessenten. Diese Daten übertrugen sie in eine gefälschte Amazon-„Bestellbestätigung“. Darin stand obendrein die Aufforderung, den Kaufpreis als ungeschützte Vorkasse-Überweisung nach Polen zu senden.
Das sollte tunlichst niemand machen. Stattdessen, so der Rat der Verbraucherzentrale, sollten Kunden ihre Käufe im Marketplace stets nur über die gesicherte Amazon-Kasse abwickeln. Ein noch so guter Preis sollte kein Argument sein, sich auf gefährliche Einkaufspfade locken zu lassen.
Händlern auf dem Marketplace wiederum sei empfohlen, Vorsicht bei der Buchung von angeblichen Verkaufsseminaren walten zu lassen. Zumal Amazon selbst kostenlos Videos und Tutorials im Internet zur Verfügung stellt. Obendrein sollte derzeit jeder Händler doppelt kritische Blicke aufs Sortiment werfen.
Übrigens: Wer die Fake-Angebote über das abgesicherte Amazon-System bezahlen will, hat keine Chance. Der Branchenprimus cancelt regelmäßig Kaufversuche, etwa mit der nichtssagenden Begründung, „ein Problem mit Ihrer Bestellung“ sei aufgetreten. Zudem werden Angebote aufgeflogener „Neuer Verkäufer“ aus den Ergebnislisten der Suche gelöscht – eine Sisyphos-Arbeit.
Die fleißigen Ganoven stört das offensichtlich nicht. Dabei hatte Amazon vor zwei Jahren der Verbraucherzentrale NRW versprochen: „Wir haben Maßnahmen ergriffen, dass es zu keinen weiteren Unregelmäßigkeiten kommt.“
Quelle: Website der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen