Junge, Alte, Frauen, Männer – sie alle sind soziale Wesen. Das heißt, sie leben und arbeiten mit anderen zusammen: mit der Familie, mit Nachbarn oder mit Arbeitskolleginnen und -kollegen. In diesem Zusammenleben gibt es Abstufungen des Öffentlichen und Privaten. Wie privat und unbeobachtet man sich fühlt, hat dabei Auswirkung auf das jeweilige Verhalten.
In der täglichen sozialen Interaktion mit unterschiedlichen Menschen tauscht man sich aus, erzählt private Erlebnisse, von Hobbys, Plänen oder Sorgen. Diese Informationen, die man so über sich preisgibt, sind notwendig und wichtig, weil man auf diese Weise von anderen lernen und sich weiterentwickeln kann. Aber jede und jeder hat auch Geheimnisse, die sie oder er anderen nicht anvertrauen möchte oder vielleicht nur engen Freunden, der Familie oder der Partnerin bzw. dem Partner. Und selbst wenn es im eigentlichen Sinne keine Geheimnisse sind, will man oft, dass bestimmte Informationen anderen nicht zugänglich sind, denn was privat und was öffentlich ist, soll eine selbstbestimmte Entscheidung bleiben. Dieses nennt man Selbstbestimmungsrecht.
Es gibt keine feste Grenze zwischen dem, was öffentlich ist und was privat. Das ändert sich von Generation zu Generation. Die „Generation Internet“, manche sprechen auch von der „Generation Facebook“, trägt mehr von ihrem Leben in die Netz-Öffentlichkeit, als das noch vorherige Generationen getan haben. Ob das eine gute Entwicklung ist und wie weit sie gehen wird – bleibt abzuwarten. Nur eines ist klar: Davon, dass junge Menschen mehr von ihrem Leben in die Öffentlichkeit tragen, als ältere es früher getan haben, lebt die große US-Internetindustrie. Facebook, Google, Amazon, Apple und andere verdienen Milliarden von US-Dollar damit, dass viele Menschen ihren eigenen Daten keinen besonderen Wert beimessen.
Aber die Frage, wie viel man von sich offenbart, ist nicht nur für jede und jeden selbst, sondern auch für die Gesellschaft, in der man lebt, von Bedeutung. Wenn alle alles voneinander wüssten, wäre das nicht mehr auszuhalten, würde sich niemand mehr wohl in seiner Haut fühlen, würden sich alle am Ende beobachtet fühlen. In Deutschland gab es bisher zwei Mal die Situation, dass der Staat oder die Gesellschaft alles von jeder und jedem wissen wollte: bei den Nationalsozialisten im Dritten Reich und bei der Stasi in der DDR. Das eine wie das andere System war unmenschlich.
Besteht das Datenschutzrecht also nur, um das Selbstbestimmungsrecht von Personen zu schützen? Nein. Der Datenschutz bezweckt noch mehr. Er will auch die Freiheit sicherstellen. Wieso? Weil diese eingeschränkt wird, wenn permanent Daten über Personen gesammelt und ausgewertet werden. Das Gefühl, beobachtet zu werden, kann etwa dazu führen, dass man sich anders verhält, als man es sonst tun würde. Somit gibt man ein Stück Freiheit zum eigenständigen Handeln auf. Das hat Bundespräsident Joachim Gauck im Juli 2013 im Zusammenhang mit den NSA-Enthüllungen durch Edward Snowden folgendermaßen formuliert: „Die Angst, unsere Telefonate oder Mails würden von ausländischen Nachrichtendiensten erfasst und gespeichert, schränkt das Freiheitsgefühl ein – und damit besteht die Gefahr, dass die Freiheit an sich beschädigt wird. … Wir sind ein demokratischer Rechtsstaat, in dem die Grundrechte gelten. Zu diesen Grundrechten gehört die Freiheit.“
Stimmt es, dass der Datenschutz auch für die Demokratie wichtig ist? Ja. Menschen, die sich – weil sie glauben beobachtet zu werden – anders verhalten, als sie dies sonst tun würden, sind nicht selbst-, sondern fremdbestimmt. Eine Demokratie braucht aber selbstbestimmte Menschen. Denn nur wer selbst bestimmen kann, was sie oder er für richtig oder falsch hält, kann dafür auch die Verantwortung übernehmen. Eine lebendige Demokratie ohne Datenschutz und das Recht auf Privatsphäre gibt es deshalb nicht.
Und was soll der Datenschutz am Ende verhindern? Wer Daten von Personen hat, weiß entsprechend viel über diese Personen. Wissen aber ist – das lernt man in der Schule und im Leben – MACHT. Deshalb gibt es auch eine DATENMACHT. Sie ist umso größer, je mehr Daten z.B. Wirtschaftsunternehmen, aber auch der Staat von Personen haben. Die Datenmacht erstreckt sich dann über einzelne Personen und am Ende über die Gesellschaft insgesamt. Der Datenschutz will verhindern, dass diese Macht am Ende zu groß wird und so das Grundrecht auf Privatsphäre sicherstellen.