Das Darknet hat einen widersprüchlichen Ruf. Für die einen ist es ein Rückzugsort für Kriminelle, für die anderen ein wichtiger politischer Schutzraum. Wie funktioniert die Technologie, und wie „gut“ oder „böse“ ist das Darknet wirklich?
Ein Darknet versucht, Anonymität und Zensurfreiheit für alle Beteiligten zu erreichen. Am bekanntesten ist das Darknet auf Basis von Tor. Die Anonymisierungs-, Antizensur- und Darknet-Technologie basiert auf einem Netzwerk von etwa 8 000 Verschleierungsstationen.
Der Tor-Browser sorgt dafür, das Daten stets über mehrere Ecken ans Ziel gelangen. Wenn die Software eine Webseite aufruft, wählt diese drei verfügbare Verschleierungsstationen („Tor-Knoten“) aus.
Über mehrere Ecken ans Ziel
Die Daten gehen zum ersten, zum zweiten und dann zum dritten Tor-Knoten. Ihr Internetanbieter sieht nur Tor-Knoten Nummer eins und erfährt nicht, welche Webseite Sie eigentlich aufrufen wollen. Er kann diese Information nicht für Überwachungszwecke protokollieren und auch nicht verhindern, dass die Ziel-Webseite aufgerufen wird.
Der Tor Browser wird gern in Ländern mit rigider Internetzensur genutzt und auch von Menschen, die sich vor Massenüberwachung schützen wollen. Im Alltag kann die Software praktisch sein, um in einem Hotel-WLAN zu surfen ohne dass die Aktivitäten einfach so sichtbar sind. Und stößt man im Urlaub auf Internetzensur, können mit dem Tor-Browser gesperrte Webseiten oft trotzdem aufgerufen werden.
Das Darknet
Die zweite große Anwendung von Tor ist das Darknet. Dort sind nicht nur „einfache“ Nutzer:innen anonym. Auch die digitale Postadresse der jeweiligen Webseite wird verschleiert. Webseiten im Darknet kann man weder verorten noch blockieren oder löschen. Und sie lassen sich ausschließlich mit dem Tor Browser aufrufen. Darknet-Adressen sehen seltsam aus. Sie bestehen aus einer Folge von 56 Zeichen – und am Ende steht stets .onion. (Beispiel: 2gzyxa5ihm7nsggfxnu52rck2vv4rvmdlkiu3zzui5du4xyclen53wid.onion)
Ethische Abgründe
Was passiert im Darknet? Besonders problematisch sind Missbrauchsforen. Auf denen tauschen pädokriminelle Täter Bilder und Videos des Missbrauchs von Kindern aus. Auch solche Foren lassen sich nicht verorten oder löschen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Polizei mit Glück und viel Aufwand dann doch an die Identität der Betreiber kommt (was zum Glück immer wieder gelingt).
Eine andere hoch problematische Nutzung ist das Darknet als Infrastruktur für Cyberkriminelle. Wenn böswillige Hacker in Unternehmen eindringen, verschlüsseln sie deren IT-Netzwerke, um Lösegeld zu erpressen. Auf sogenannten „Dedicated Leak Sites“ im Darknet drohen sie, die Daten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn „Verhandlungen“ scheitern.
Das Darknet als Einkaufsmeile für Drogen.
Außerdem ist das Darknet eine Einkaufsmeile für Rauschmittel. Darknet-Marktplätze funktionieren ähnlich wie Amazon: Die Betreiber*innen der Marktplätze erhalten Provisionen, Händler*innen stellen ihre Angebote ein und Kund*innen wählen aus unterschiedlichen Angeboten aus.
Das Besondere: Wenn Nutzer*innen Drogen kaufen, werden sie aufgefordert, eine Bewertung zu schreiben – fast so wie bei Amazon. Die Bewertungen sorgen in der Praxis für eine Form von Qualitätskontrolle und machen es unattraktiv, gefährlich verunreinigte Substanzen zu verkaufen.
Das politische Darknet
Und dann gibt es auch politische Nutzungen. Medien wie der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung, die taz oder der NDR betreiben Darknet-Postfächer für Whistleblower. Solche Anlaufstellen für ethisch motivierte Geheimnisverräter*innen zwingen Whistleblower ohne IT-Know-how zu ihrem Anonymisierungsglück – da die Postfächer im Darknet sich nur mit dem sicheren Tor-Browser aufrufen lassen.
Gut und böse zugleich
Fazit: Das Darknet ist eine klassische „Dual Use“-Technologie. Es lässt sich für positive politische Zwecke nutzen. In der Praxis findet man aber auch jede Menge illegale bis hoch problematische Zwecke.
Links:
- Download des Tor-Browsers
- Für Android-Smartphones wird die App Tor Browser empfohlen, für iPhone die Onion Browser-App..
- Whistleblower-Postfach des Spiegels, der SZ, der taz und des NDR(Die Darknet-Adressen lassen sich nur mit dem Tor-Browser und nicht mit „normalen“ wie Firefox, Chrome oder Safari aufrufen.)
- Hintergrund-Text zur ebenfalls widersprüchlichen Tor-Technologie